Vier Streitregeln im Konflikt
Dort, wo Menschen zusammenkommen, gibt es immer wieder mal Konflikte und Streit – bei Kindern und auch bei Erwachsenen. In einem Streit eskaliert die Situation dann oft, weil wir verletzt werden und „zurückschießen“. Damit beginnt ein Kreislauf, bei dem häufig am Ende keiner mehr weiß, wie es eigentlich angefangen hat und man geht wütend oder traurig auseinander ohne dass der Streit eigentlich geklärt wurde.
Wir wollen unseren Schülern im Sinne eines “wertvollen” Miteinanders die Chance geben zu lernen, solche Streitsituationen auf friedliche, konstruktive Weise zu lösen. Auf eine Weise, bei der sie ihre Gefühle ausdrücken können, ohne dem anderen Vorwürfe zu machen oder ihm irgendetwas zu unterstellen und bei der sie eigene Wünsche/Bedürfnisse klar zum Ausdruck bringen können.
Daher gibt es bei uns an der Bertleinschule die sogenannten “Vier Schritte im Konflikt”, unseren Schülern besser bekannt als die “Streitregeln”. Diese vier Schritte geben den Schülern sowohl eine inhaltliche Struktur als auch Formulierungshilfen um schwierige kommunikative Situationen innerhalb eines Streits zu meistern.
In vielen Klassen sind diese “Vier Schritte im Konflikt” bereits eingeführt und werden von den Schülern erfolgreich umgesetzt. Wie aber genau funktionieren diese Streitregeln?
Die vier Schritte im Konflikt:
Schritt 1: Ich benenne meine Beobachtung (bzgl. Verhalten, Sprache).
Schritt 2: Ich beschreibe das Gefühl, das die Handlung des anderen in mir auslöst.
Schritt 3: Ich erkläre durch welche Werte, Bedürfnisse das Gefühl hervorgerufen wurde, d.h. warum ich dieses Gefühl habe.
Schritt 4: Ich äußere eine Bitte für die Zukunft.
Die vier Schritte werden durch bestimmte Symbole visualisiert (in Form von Bildkarten) und von den Kindern parallel zum Sprechen ausgelegt.
Beispiel: Ein Kind wird von einem anderen Kind in der Pause beim Spielen gestört und geärgert.
Schritt 1: Symbol „Auge“ „Ich habe beobachtet, dass du mich in der Pause, als ich mit meiner Freundin gespielt habe, geschubst, festgehalten und zu mir Ausdrücke gesagt hast.“
Schritt 2: Symbol „Herz“: „Ich bin jetzt total wütend, …“
Schritt 3: Symbol „Pfeil“: „…, weil ich in der Pause in Ruhe mit meiner Freundin spielen will ohne gestört zu werden.“
Schritt 4: Symbol „Ausrufezeichen“: „Ich möchte, dass du mich in Zukunft beim Spielen in Ruhe lässt!“
Wichtig:
Bei Schritt 1 sollte das beobachtete Verhalten des anderen sachlich beschrieben werden und dabei verbale Angriffe (z.B. Ausdrücke) vermieden werden.
Bei Schritt 2 ist es wichtig, dass die Kinder lernen ihre Gefühle genau auszudrücken, z.B. nicht: „Ich fühle mich nicht gut…“, sondern: „Ich bin wütend, traurig….“. Das macht es dem Konfliktpartner leichter, sich in den anderen einzufühlen und entsprechend zu reagieren.
Bei Schritt 3 soll die Formulierung nur eine Aussage über die eigene Person enthalten, z.B. nicht: „Ich bin sauer, weil du doch eigentlich meine Freundin bist!“, sondern: „Ich bin sauer, weil ich will, dass meine Freundin mir nicht weh tut!“
Bei Schritt 4 soll die Formulierung positiv sein und möglichst genau das gewünschte Verhalten beschreiben, z.B. nicht: „Ich möchte nicht mehr, dass du das machst!“, sondern: „Ich möchte, dass du mich beim Spielen in der Pause in Ruhe lässt!“